Tannenbergbüchse 1 (A), Tannenbergbüchse 2 (E), Ladestock (D); Hefner, Wolf (1850): Tafel VIIDie im deutschen Sprachraum bekannteste frühe Feuerwaffe ist die sogenannte Tannenbergbüchse.

Bei archäologischen Ausgrabungen in der Runine der Burg Tannenberg bei Seeheim-Jugenheim in Hessen wurden 1849 Reste dreier Büchsen gefunden: Der Lauf einer vollständig erhaltenen bronzenen Stangenbüchse, das Fragment einer zweiten bronzenen Stangenbüchse mit abgebrochem Lauf und ein Fragment einer eisernen Büchse.1) Beide bronzenen Büchsen wurden in der Verfüllung der Zisterne der Burg gefunden, ohne dass die Ausgräber jedoch weitere Einzelheiten zu den Fundumständen oder der Befundsituation dokumentierten. Das Bronzebüchsenfragment der Tannenbergbüchse 2 befindet sich heute im Bestand des Hessischen Landesmuseumn in Darmstadt. Der Verbleib des eisernen Büchsenfragments ist nicht mehr bekannt. Die vollständig erhaltene Tannenbergbüchse 1 wird im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg mit der Inventar Nr. W2034 aufbewahrt, diese ist allgemein als ”Tannenbergbüchse„ in die Fachliteratur eingegangen.2) Neben den Büchsen wurde bei den Ausgrabungen ebenfalls ein eiserner Ladestock gefunden, der aufgrund seiner Abmessungen zu den Büchsen passen würde, jedeoch ist über dessen Verbleib heute ebenfalls nichts mehr bekannt.3) Schriftliche Aufzeichnungen über die Eroberung und Zerstörung der Raubritterburg Tannenberg durch ein Aufgebot der Stadt Frankfurt lassen eine genaue Datierung der Büchsen in das Jahr 1399 zu, weswegen die Tannenbergbüchse als bisher älteste erhaltene und sicher datierte Feuerwaffe Deutschlands angesehen wird.

Tannenbergbüchse 1

Seitenansicht der Tannenbergbüchse 1 im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, Inv. W2034Im Laufe der vergangenen 150 Jahre wurde die Tannenbergbüchse 1 mehr als 20 Mal wissenschaftlich publiziert. Dabei legten die Autoren wiederholt stark abweichende technische Daten vor, die die Vermutung nahe legen, dass sie nicht alle die Büchse selbst in Augenschein genommen hatten oder Maßangaben lediglich aus der älteren Literatur fehlerhaft konvertierten. So reichen die Angaben zum Kaliber von 14,3 mm4) bis 17,9 mm5) an der Mündung und von 14,6 bis 16,8 mm vor der Kammer. Die Länge des Fluges wurde zwischen 154 und 165 mm angegeben. Der Durchmesser der Kammer reicht von 9,0 bis 15,0 mm bei Pulverraumvolumina von 7,2 bis 13,8 cm³.3) Der Büchsenlauf der wurde im Gussverfahren aus Bronze hergestellt. Flug und Kammer verlaufen nicht exakt mittig entlang der Längsachse des Rohres. Die Oberfläche der Büchse weist grobe Feilriefen auf, die Flächen sind nicht wirklich symetrisch zueinander ausgeführt. Der Lauf wurde innen nach dem Guss geglättet und Kammer und Flug sind durch eine leichte Verengung geteilt. Die Vertiefung um das Zündloch war ursprüglich nicht als Pulverpfanne ausgearbeitet und entstand möglicherweise beim Gebrauch der Büchse durch Ausgebrennen oder Korrosion. Insgesamt erscheint die Büchse recht nachlässig gearbeitet.5)

Technische DatenDie deutlich erkennbare asymetrische Form der Büchse

Gesamtlänge: 320,0 mm6)
Kaliber: 15,16 mm6) (nach Wlassaty: 17,2–17,9 mm5))
Länge des Laufes: 286,4 mm max.5)
- davon Seele: 168,4 mm5)
- davon Kammer: 118,0 mm5)
Gewicht: 1.235 g6)

Die Mündung der Büchse

 

Tannenbergbüchse 2

Das Fragment der bronzenen Tannenbergbüchse 2 hat eine Länge von ca. 110 mm und einen Durchmesser an den planen Flächen (Schlüsselweiten) von 31,5-33,7 mm mit einem Kammerdurchmesser von 16,7 mm. Der Lauf ist im Bereich der Pulverkammer gerade abgebrochen und enthielt keine Reste einer Ladung. Das erhaltene Büchsenfragment ist weitgehend Formgleich mit der Tannenbergbüchse 1.3)

 

Einzelnachweise

  1. Hefner, Wolf (1850)
  2. Wlassaty (1999)
  3. Dannecker, Wlassaty (1981)
  4. Willers (1982): S. 435
  5. Wlassaty (1999): S. 982-983
  6. Objekt Nr W2034 in der Objektdatenbank des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg

Text und Fotos: Andreas Franzkowiak